Diskussion um Cum-ex-Umstrukturierung zeigt einmal mehr: Deutschland braucht eine selbstverwaltete Justiz
Die Umstrukturierungspläne für die Cum-ex-Abteilung der Staatsanwaltschaft Köln sind vor dem Hintergrund der politischen Bedeutung des Sachverhaltskomplexes aktuell Gegenstand kritischer Presseberichterstattung.
Hier zeigt sich exemplarisch, wie problematisch es ist, dass die dritte Staatsgewalt, die Justiz, immer noch den Organisationsentscheidungen der zweiten Staatsgewalt, der Verwaltung in Form des Ministeriums der Justiz unterworfen ist. Diese unvollständig umgesetzte Gewaltenteilung und das zusätzlich bestehende Weisungsrecht des Justizministers gegenüber den Staatsanwaltschaften erzeugen strukturell Misstrauen, und zwar vollkommen unabhängig von einer Betrachtung der konkret ins Auge gefassten Maßnahmen. Dabei wäre es gerade Aufgabe der Entscheidungsträger in den Ministerien, bereits den Anschein der Einflussnahme auf Entscheidungen der Staatsanwaltschaften zu vermeiden.
Diese strukturellen Mängel unseres Rechtssystems, das Weisungsrecht und die fehlende Selbstverwaltung der Justiz, sind immer wieder von der Europäischen Union kritisiert worden. Auch der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 27.05.2019 festgestellt, dass die hiesigen Staatsanwaltschaften keinen wirksamen Europäischen Haftbefehl ausstellen können, weil sie der Gefahr ausgesetzt seien, unmittelbar oder mittelbar Anordnungen oder Einzelweisungen seitens der Exekutive, etwa eines Justizministers, unterworfen zu werden.
Der Bund der Richter und Staatsanwälte wiederholt daher seine langjährige Forderung, das Weisungsrecht des Justizministers gegenüber den Staatsanwaltschaften abzuschaffen und weitergehend die Gewaltenteilung durch Schaffung einer Selbstverwaltung der Justiz einschließlich der Staatsanwaltschaften zu vollenden.
„Die aktuelle Situation zeigt, wie viel Misstrauen allein schon durch das Bestehen des Weisungsrechts und das Fehlen einer Selbstverwaltung erzeugt wird. Bereits jeder Anschein der Möglichkeit eines politisch motivierten Durchgriffs auf staatsanwaltliche Entscheidungen muss durch die Abschaffung des Weisungsrechts und durch die Vollendung der Gewaltenteilung durch eine Selbstverwaltung der Justiz endgültig ausgeräumt werden!“ bekräftigt Christian Friehoff, Landesvorsitzender des Bundes der Richter und Staatsanwälte in NRW und mahnt „Mit diesen Justizstrukturen einer fortdauernden Abhängigkeit der dritten Staatsgewalt von der zweiten würde die Bundesrepublik Deutschland heute nicht mehr in die EU aufgenommen werden können!“
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Christian Friehoff: 0175/5977265
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