Dramatische Personallage in den Staatsanwaltschaften Nordrhein-Westfalens
Anlässlich der Äußerung des Bundes der Richter und Staatsanwälte in NRW (DRB-NRW) als Sachverständiger zum Entwurf des Landeshaushalts im Unterausschuss Personal weist der DRB-NRW auf ganz erhebliche Personalprobleme in den Staatsanwaltschaften des Landes hin.
Der Geschäftsführer des DRB-NRW, Prof. Dr. Gerd Hamme, beschreibt die Personalsituation in den Staatsanwaltschaften als dramatisch: „Die Kolleginnen und Kollegen sind extrem überlastet. Es besteht ein effektiver Gesamtpersonalbedarf von 1.837 Vollzeitarbeitskräften im staatsanwaltschaftlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen. Tatsächlich sind aber nur 1.461 Stellen vorhanden. Es fehlen mithin 376 Stellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.“
Der Hauptgrund für den erheblichen Bedarf an neuen Stellen ist darin zu sehen, dass die Zahl der zu verfolgenden Straftaten in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Hinzu kommt, dass im Bereich der Wirtschaftskriminalität, z.B. in cum-ex-Verfahren, ein zusätzlicher Personalbedarf besteht. Allein bei der Staatsanwaltschaft Köln sind ca. 1.700 offene Verfahren aus diesem Bereich zeitnah zu bearbeiten.
Hamme sagt dazu: „Sorge bereitet uns vor allem, dass die Kernaufgabe der Staatsanwaltschaften, die Strafverfolgung, nicht mehr umfassend bewältigt wird. Zehntausende Ermittlungsverfahren werden nicht bearbeitet. Hierüber mögen sich Straftäter freuen. Ein funktionierender Rechtsstaat erfordert jedoch zwingend ein funktionierendes System der Strafverfolgung. Der Haushaltsgesetzgeber sollte hier keinen Freifahrtschein für Straftäter ausstellen.“
Die tatsächliche Lücke an staatsanwaltschaftlicher Arbeitskraft ist noch deutlich höher als „nur“ 376 Kräfte. Denn von den vorhandenen 1.461 Stellen, sind aktuell noch etwa weitere 100 nicht besetzt. Als Begründung hierfür führt Hamme aus: „Die Stellen sind nicht besetzt, weil sich immer weniger Absolventinnen und Absolventen mit entsprechend guten Examensnoten bei der Justiz bewerben. Hiervon betroffen ist auch der Richterberuf. Dies liegt vor allem daran, dass die Verdienstmöglichkeiten für gute Juristen in mittelgroßen Rechtsanwaltskanzleien, aber auch in der Wirtschaft, deutlich besser sind. Berufseinsteiger können hier bereits zu Beginn ihrer Erwerbsbiografie das erzielen, was sie im richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Dienst mit Glück im Beförderungsamt am Ende ihrer Karriere erreichen können.“
Trotz der grundsätzlich nach wie vor vorhandenen Attraktivität dieser beiden Berufsbilder entscheiden sich Bewerberinnen und Bewerber daher zunehmend gegen die Justiz. Hamme betont: „Die Grundbesoldung der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte muss um mindestens 1000 € pro Monat angehoben werden, um die Attraktivität der Berufe zu erhöhen und den Rechtsstaat zu stärken. Auch die EU-Kommission hat wiederholt darauf hingewiesen, dass Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Deutschland im Vergleich zu niedrig besoldet sind, sodass sich hieraus konkrete Gefahren für den Rechtsstaat ergeben.“
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