Presseerklärung vom 13.12.2023

Überbelastung der Staatsanwaltschaften in NRW

Die geplante Verlagerung von Richterstellen in die Staatsanwaltschaften schafft neue Probleme

 

Nach der statistischen Auswertung der ersten drei Quartale 2023 fehlen in NRW bei 1461 vorhandenen Stellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte weitere 360 Stellen – zusätzlich zu den bekannten Stellenbesetzungsproblemen. Der Minister der Justiz, Dr. Limbach, hat gegenüber dem Landtag erklärt, er wolle diese Lücken bei den Staatsanwaltschaften zumindest teilweise durch Umwandlung von Richterstellen erwirtschaften. Hierbei handele es sich um eine „sensible Maßnahme“.

Der Bund der Richter und Staatsanwälte in NRW (DRB NRW) sieht hierin keine „sensible“, sondern eine falsche Maßnahme. Das Problem der unzureichenden Stellenausstattung bei den Staatsanwaltschaften ist nicht neu. Der DRB NRW weist die politisch Verantwortlichen seit Monaten, wenn nicht seit Jahren auf das Problem hin. Die Belastung in den Staatsanwaltschaften steigt nämlich seit vielen Jahren kontinuierlich an (2018 bis 2022: +19,2%), im Jahr 2023 besonders stark (+ 9,9%). In zurückliegenden Jahren konnte die steigende Belastung weitgehend durch Schaffung neuer Stellen kompensiert werden. Im Haushaltsjahr 2023 ist in dieser Hinsicht jedoch nahezu nichts getan worden. Dass das absehbar zu Problemen führen würde, kann nicht überraschen. Genau hiervor hat der Bund der Richter und Staatsanwälte in NRW gewarnt.

Der Geschäftsführer des DRB NRW Prof. Dr. Gerd Hamme erklärt dazu: „Ungeachtet der in Rede stehenden Nothilfe durch Abordnungen von Richterinnen und Richtern sehen wir eine erhebliche Gefahr für den Rechtsstaat, wenn Straftaten nicht oder erst viel zu spät verfolgt werden können, weil es an genügend Personal fehlt. Wir fordern deshalb, sofort mindestens 360 neue Stellen bei den Staatsanwaltschaften zu schaffen. Damit diese bei permanent sinkenden Bewerberzahlen für die Justiz in absehbarer Zeit besetzt werden können, muss gleichzeitig die Besoldung - unabhängig von der aktuellen Besoldungsrunde - um mindestens 1000 € monatlich angehoben werden. Es besteht nämlich das Problem, dass geeignete Bewerbungen zunehmend deswegen ausbleiben, weil die freie Wirtschaft sehr viel besser bezahlt. Dort kann beim Berufseinstieg netto das verdient werden, was – vielleicht – am Ende eines Berufslebens im Staatsdienst in einem Beförderungsamt erreichbar ist. Beide Maßnahmen, die Schaffung neuer Stellen und die Erhöhung der Besoldung, müssen sehr zeitnah umgesetzt werden. Auf die Gefahren für den Rechtsstaat in Deutschland, die bereits bestehen, hat auch die EU-Kommission schon wiederholt hingewiesen.

Einzelne Abordnungen aus der Richterschaft in den Bereich der Staatsanwaltschaften sind schon aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Diese Solidarität innerhalb der „Justizfamilie“ darf aber nicht seitens der Politik ausgenutzt werden, um die Augen weiterhin davor zu verschließen, was das Gebot der Stunde ist.

Hamme erklärt weiter: „Auch, wenn die Stellenausstattung in den Gerichtsbarkeiten – zum ersten Mal seit Jahrzehnten – statistisch gut erscheint: Eine dauerhafte Verlagerung von Stellen in den Bereich der Staatsanwaltschaften ist aus unserer Sicht nicht geeignet, das Problem zu lösen. Es setzt nicht bei der Ursache an. Vielmehr würden neue Löcher geschaffen, die dann wieder gestopft werden müssten.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Prof. Dr. Gerd Hamme: 0201/8031110

Der Bund der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen ist mit über 4.100 Mitgliedern bei ca. 5.900 Richtern und Staatsanwälten im Land Nordrhein-Westfalen deren größter Berufsverband.

 

Verantwortlich im Sinn des § 8 PresseG ( NW ): Prof. Dr. Gerd Hamme, Geschäftsführer,
Bund der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen
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